Silja Kummer war skeptisch. Die Redakteurin der Heidenheimer Zeitung hatte keine große Hoffnung, Neues herauszubekommen als sie ihr Thema über hoch geheime Cross Border-Leasing-Verträge im Seminar über investigative Recherche der Akademie der Bayerischen Presse (ABP) vortrug. Umso überraschter war Silja Kummer über ihre Erfahrungen:
"Investigative Recherche? Das ist was für die großen Zeitungen und Magazine. Im Lokalzeitungsjournalismus gibt es doch weder die Zeit noch die Themen oder Möglichkeiten, um Skandale aufzudecken. Dieser Gedanke saß bei mir lange Zeit fest. Thomas Schuler hat ihn im ABP-Seminar gründlich vertrieben - vor allem mit der praktischen Anleitung zur Recherche. Diese Möglichkeit, im zweiteiligen Seminar ein eigenes Thema zu bearbeiten und dabei gecoacht zu werden, hat mich bei dem ABP-Angebot gereizt.
Wir sind in Heidenheim seit zwölf Jahren mit einem Cross-Border-Leasing-Vertrag konfrontiert, den die Stadt mit einem amerikanischen Investor abgeschlossen hat. Informationen darüber gab es bisher nur sehr spärlich, aber seit zwei Jahren weiß man, dass irgendetwas nicht gut läuft mit den Verträgen. Dass ich bei diesem supergeheimen und ziemlich komplexen Thema überhaupt ein Zipfelchen Information zu fassen kriege, hätte ich nie gedacht.
Aber es hat funktioniert. Besonders geholfen hat mir der Hinweis im Seminar, Hilfe von Kollegen und Experten zu holen, die mit dem Thema vertraut sind – und Kontakte vor Ort zu aktivieren. Auch das Dranbleiben an einer Recherche hilft, und die zusätzliche Arbeitszeit, die ich in dieses Thema investiert habe, bewegt sich nicht in der Kategorie von Monaten, sondern eher Tagen.
Mittlerweile bin ich mir sicher: Investigative Recherche gehört gerade ins Lokale, wir haben Kenntnisse und Verbindungen, die wir nur richtig nutzen müssen. Und die Anstöße beim ABP-Seminar, auch durch Kollegen von großen Zeitungen wie Bastian Obermayer von der Süddeutschen Zeitung, waren einfach klasse."
Mit Hilfe und in der Folge des Seminars hat Silja Kummer mehrere Geschichten über das fragwürdige Geschäft mit dem Abwasser in der Heidenheimer Zeitung veröffentlicht -auch gemeinsam mit ProRecherche-Initiatoren. Vor allem musste die Stadt Heidenheim nach Silja Kummers Recherchen mittlerweile Farbe bekennen und das Risiko quantifizieren.
Aktuelles Ergebnis der Mühen: Silja Kummer wurde im Oktober 2015 mit dem Otto-Brenner-Preis (2.Preis) für kritschen Journalismus ausgezeichnet.
Hier ihre Artikel:
Cross-Border-Leasing könnte die Stadt 29,5 Millionen Euro
kosten
Cross-Border-Leasing: Warum sich Heidenheim drauf
einließ
Investor pocht auf Geheimhaltung
Droht der Stadt Heidenheim ein Millionenverlust?
„Es gibt keinen Ausfall einer Bank“
Risiko stieg kurz vor Vertragsabschluss